Auto-Aktien: Warum die Branche noch nicht über den Berg ist!

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Chip-Mangel, Rohstoffengpässe, hohe Inflation, steigende Zinsen und die Angst vor einer Rezession belasten die europäische Autobranche. Doch nun hat der Branchenverband ACEA überraschend positive Signale gesendet. Über den Berg ist die Autoindustrie damit aber noch lange nicht. Dazu weiter unten mehr.

EU-Autozulassungen: Zuwächse im August

Zunächst: Nach ACEA-Angaben wurden in der EU im August insgesamt 650.305 neue PKWs angemeldet. Das ist ein Plus von 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Demnach wurden in der EU zum ersten Mal in diesem Jahr in einem Monat mehr Autos zugelassen als im Vergleichszeitraum von 2021. Trotzdem: Die Zulassungszahlen waren immer noch weit entfernt vom Vor-Corona-Niveau (August 2019: 1,04 Mio.).

Starke Zuwächse meldete der ACEA in Portugal (+42,4 %), in Griechenland (+39,7 %) und in Bulgarien (+30,2 %). Deutschland legte im August um 3,0 Prozent zu und blieb damit mit Abstand der größte Einzelmarkt der EU (199,183 Zulassungen).

Entspannung bei Chip-Krise?

Experten führen die (langsame) Erholung der Autoindustrie unter auf auf eine Entspannung im Chip-Markt zurück. In den letzten Jahren hatten Engpässe bei den Halbleiterkomponenten die Produktion- und Absatzzahlen der großen europäischen Autohersteller schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Laut einer Studie des ifo-Instituts leidet die Branche zwar immer noch unter einer Verknappung bei wichtigen Materialien. Im August entspannte sich die Lage demnach im Vergleich zum Vormonat jedoch leicht.

Volkswagen-Konzern bleibt Marktführer

Größer Autokonzern in Europa blieb im August die Volkswagen-Gruppe. Die Marken der Wolfsburger schafften es auf insgesamt 172.017 Neuzulassungen (+7,9 %). Dahinter folgen:

  • Stellantis (123.556; +10,6 %)
  • Hyundai Group (62.082; -0,6 %)
  • Renault Group (61.216; -6,99 %)
  • Toyota Group (48.213; +7,4 %)
  • BMW Group (44.727 +1,4 %)
  • Mercedes-Benz (37.929; +21,18 %)

Konzernweit gab es die stärksten Zuwächse also beim Stuttgarter Premium-Hersteller Mercedes-Benz. Bezogen auf die Einzelmarken legte die Stellantis-Marke Alfa Romeo am deutlichsten zu (+59,2 %).

EU-Autoindustrie weit entfernt von alter Stärker

Schaut man sich die Zulassungszahlen für den Zeitraum zwischen Anfang Januar und Ende August an, bekommt man ein realistischeres Bild der Gesamtlage. Denn: In den ersten acht Monaten krachten die Zulassungen in der EU gegenüber dem Vorjahreszeitraum um knapp 12 Prozent auf 5,9 Millionen Exemplare ein.

Besonders bitter ist der Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019. Damals wurden zwischen Januar und Ende August noch 10,52 Millionen PKWs in der EU neu zugelassen.

Aber wie geht es jetzt weiter?

Viele Experten halten es für möglich, dass die Zulassungszahlen in den nächsten Monaten wieder stärker unter Druck geraten könnten. Der Grund: die extrem hohe Inflation. Die Autokonzerne müssen wegen der gestiegenen Energie- und Transportkosten die Preise für ihre Produkte deutlich erhöhen, um trotzdem Gewinne zu erzielen. Das wiederum könnte viele Verbraucher abschrecken, die ihrerseits mit höheren Lebenshaltungskosten zurechtkommen müssen.

Interessant ist, dass die Marken aus dem Premium-Segment das Ganze wohl besser verdauen können als die Volumenhersteller. Der Grund: Die zahlungskräftige Kundschaft der teureren Marken dürfte die Preiserhöhungen eher akzeptieren. Schaut man sich die ACEA-Daten an, gibt es darauf bereits erste Hinweise.

So ging zum Beispiel die Zulassungszahl der VW-Tochter Audi in den ersten acht Monaten „nur“ um 12,2 Prozent zurück. Bei der Volumenmarke Volkswagen hingegen belief sich das Minus auf satte 21,4 Prozent.  Und auch der Rückgang bei Mercedes-Benz blieb mit 7,9 Prozent eher übersichtlich.

Ohnehin haben es vor allem die Premium-Hersteller in den letzten Monaten geschafft, die Komponentenengpässe in höhere Gewinne umzuwandeln. So konzentrierte sich zum Beispiel Mercedes-Benz eher auf die Produktion von teureren Modellen, die eine bessere Gewinnmarge mit sich bringen.

Mein Fazit für Sie

Die EU-Zulassungszahlen im August konnten also zulegen – allerdings auf einem nach wie vor sehr niedrigen Niveau. Allein die ACEA-Daten dürften bei den Auto-Aktien somit keine größeren Kurssprünge rechtfertigen. Zu eklatant sind die Unsicherheiten, die die Branche schwer unter Druck setzen.

Vor allem die drohende Rezession und die steigenden Zinsen belasten die kurz- bis mittelfristige Perspektive der Auto-Aktien. Als Anleger brauchen Sie in diesen volatilen Zeiten also viel Geduld und starke Nerven. Entscheidend wird nun die nächste und übernächste Berichtsaison sein. Erst dann wird klar sein, inwieweit die Konzerne ihre Profitabilität aufrechterhalten können.

Immerhin: Experten gehen davon aus, dass die Einschnitte schon recht umfangreich in den Kursen der Auto-Aktien eingepreist sind. Sollte es also zu positiven Überraschungen in Q3 und Q4 kommen, wären größere Kursimpulse wahrscheinlich.