Auto-Aktien: Q3 2022 glänzend … wie lange geht das noch gut?

Inhaltsverzeichnis

Das dritte Quartal lief für viele Großkonzerne wesentlich besser als erwartet. Vor allem die Autobauer konnten sich trotz makroökonomischer Störfaktoren behaupten. Schauen Sie: Laut einer neuen Studie der Beratungsfirma EY konnten alle großen internationalen Autokonzerne in dem Jahresviertel ihren Umsatz steigern.

Q3 2022: Lieferkettenentspannung, hohe Nachfrage und Preissteigerungen treiben Umsatz

Im Schnitt stiegen die Erlöse der 16 größten Hersteller demnach um 28 Prozent. Die starken Umsatzzahlen lassen sich durch mehrere Faktoren erklären. So hat sich zum einen die Versorgung mit Halbleitern und anderen Komponenten verbessert. Da die Nachfrage nach Autos gleichzeitig hoch blieb, haben die Hersteller ihre Produktion gesteigert. Zum anderen schraubten die Konzerne infolge der Inflation kräftig an der Preisschraube.

Den größten Umsatz in Q3 erzielte der deutsche Mehrmarken-Gigant Volkswagen mit 70,7 Milliarden Euro. Auf Platz 2 folgte Toyota mit 66,3 Milliarden Euro.

Die Gewinne sprudeln

Apropos Preiserhöhungen: Das inflationäre Umfeld ließ laut EY auch die Gewinne sprudeln. Hier lag Mercedes-Benz mit einem Überschuss von 5,2 Milliarden Euro vorne. Auf Platz 2 reihte sich Volkswagen mit 4,3 Milliarden Euro ein.

Der profitabelste Branchenvertreter war allerdings Tesla. Dessen Gewinnmarge belief sich im dritten Quartal auf 17,2 Prozent – gefolgt von Mercedes-Benz (13,8 %) und BMW (9,9 %). Die Durchschnittsmarge der von EY untersuchten Unternehmen entsprach mit 7,3 Prozent exakt dem Vorjahreswert und lag somit deutlich über dem Vor-Corona-Niveau.

Vorteil für Premium-Hersteller wie Mercedes-Benz

Interessant für Sie als Anleger: Die Schere bei der Profitabilität ging in Q3 noch weiter auseinander. Vor allem die Premium-Hersteller konnten ihre Margen signifikant steigern, während der Volumenautobauer teilweise Abstriche machen mussten. Der Grund: Die Stammkundschaft der teureren Modelle ist so zahlungskräftig, dass sie Preiserhöhungen eher mitgehen kann.

Das verschafft Mercedes und Co. auch für die kommenden Monate einen großen Vorteil. Schauen Sie: EY erwartet für 2023 eine Rabattschlacht im Autosektor. Die Branche dürfte damit versuchen, die Nachfrage trotz Rezessionssorgen hoch zu halten. Höhere Rabatte lassen allerdings die Gewinnmargen schmelzen. Die Premium-Hersteller hingegen müssen EY zufolge weniger Rabatte gewähren, auch wegen der ohnehin zahlungskräftigen Stammkundschaft.

China bleibt ein zweischneidiges Schwert

Positive Signale gab es zuletzt übrigens aus China. Der Absatz des größten Autoeinzelmarktes der Welt stieg in Q3 um 11 Prozent. Die deutschen Hersteller schafften hier sogar ein Wachstum von 28 Prozent.

Trotzdem: Die Lage in China ist für die deutschen Konzerne alles andere als einfach. So hatte Mercedes kürzlich eine schwache Nachfrage nach den eigenen Elektroautomodellen im Reich der Mitte einräumen müssen. Gerade im Bereich Elektromobilität ist der chinesische Markt extrem dynamisch und wettbewerbsintensiv. Für die deutschen Autobauer wird es also kein Kinderspiel, sich auch im kommenden Stromer-Zeitalter in China zu behaupten.

Hinzu kommen die Belastungen durch die Corona-Pandemie. Gerade im laufenden vierten Quartal greifen die chinesischen Behörden wegen steigender Infektionszahlen wieder rigoros durch, was Produktion, Lieferketten, Konsumlaune und nicht zuletzt das dortige Wirtschaftswachstum belastet. Das ökonomische Umfeld im wichtigsten Automarkt China ist also eingetrübt.

Auto-Aktien: mein Fazit für Sie

Das dritte Jahresviertel war für viele große Autokonzerne ein Traumquartal. Umsätze und Gewinne schossen in die Höhe. Als Anleger sollten Sie jetzt aber nicht in Euphorie verfallen. Denn die wirklich harten Brocken kommen erst noch. Die Auswirkungen der Inflation in vielen westlichen Staaten auf den Konsum dürften laut Experten erst im nächsten Jahr richtig deutlich werden.

Ob die Konzerne in diesem Szenario ihre hohen Gewinne halten können, ist mehr als fraglich – vor allem bei den Volumenherstellern. Aber auch die Premium-Autobauer können die Preisschraube nicht ewig nach oben drehen. Irgendwann ist auch hier Schicht im Schacht.

Was das für die Aktien bedeutet, lässt sich aktuell kaum vorhersagen. Die Mercedes-Benz-Aktie etwa liegt auf 12-Monats-Sicht trotz einer Aufwärtsbewegung seit Mitte Oktober immer noch mit 10,5 Prozent im Minus. Bei Volkswagen beläuft sich das Minus im gleichen Zeitraum gar auf 17,5 Prozent (Stand: 28.11.2022, 10:30 Uhr).

Das heißt: Obwohl Umsätze und Gewinne zuletzt hochschnellten, traut die Börse dem Braten noch nicht. Erst die Zahlen zum vierten Quartal 2022 und vor allem die zum ersten Quartal 2023 werden die nötige fundamentale Erkenntnis liefern, um die Perspektive klarer einschätzen zu können.

Bis dahin bleiben die Auto-Aktien meiner Meinung nach mit hohen Unsicherheiten behaftet. Die Zitterpartie geht also erst richtig los.