Derivate – komplexe und spekulative Finanzprodukte

Neben zahlreichen Geldanlagen, die zur längerfristigen Kapitalanlage oder auch zum regelmäßigen Vermögensaufbau geeignet sind, gibt es am Markt ebenfalls Finanzprodukte, die für eine Spekulation die richtige Wahl sind. Die meisten dieser Anlageprodukte fallen in den Bereich der sogenannten Derivate. Dabei handelt es sich um Finanzprodukte, die sich stets auf einen Basiswert beziehen, beispielsweise eine Aktie oder einen Index.
8 min | Stand 11.01.2023
Inhaltsverzeichnis

In unserem Beitrag erfahren Sie, worum es sich bei Derivaten handelt. Ferner gehen wir darauf ein, wie diese Finanzprodukte funktionieren, wie Sie Derivate handeln können, welche Arten von Derivaten es gibt, für welche Anleger diese geeignet sind und worin Chancen und Risiken bestehen.

Was sind Derivate?

Derivate werden auch als abgeleitete Finanzprodukte bezeichnet, weil sie sich stets auf einen anderen Wert beziehen. Dieser wird meistens als Basiswert, Asset oder Underlying bezeichnet. Derivate bilden also im Grunde andere Anlageprodukte ab, indem deren Wert ausnahmslos von der Kurs- oder Preisentwicklung des entsprechenden Basiswertes abhängig ist. Als Assets kommen insbesondere Anlageprodukte aus den folgenden Kategorien infrage:

  • Aktien
  • Indizes
  • Devisen
  • Rohstoffe
  • Zinsen

Mit Derivaten sind verschiedene Finanzprodukte gemeint, die allesamt abgeleitete Produkte sind und sich auf einen Basiswert beziehen. Kennzeichnend für alle Derivate ist, dass die Kursentwicklung des Basiswertes entweder im Verhältnis 1:1 nachvollzogen wird oder durch einen Hebel sogar überproportional ausfällt.

Wie funktionieren Derivate?

Vereinfacht dargestellt handelt es sich bei Derivaten um eine Wette, ob der Kurs des Basiswertes fällt oder steigt. Auf dieser Basis funktionieren sämtliche Derivate. Anleger müssen sich stets entscheiden, ob sie an fallende oder steigende Kurse beim Basiswert glauben und darauf spekulieren möchten. Da die Wertentwicklung der Derivate an die des Basiswertes gekoppelt ist, funktioniert ein Derivat so, dass es die Richtung der Preis- oder Kursentwicklung mitmacht. Steigt also beispielsweise der Aktienkurs, so erhöht sich auch der Wert des entsprechenden Derivates. Bei den meisten Derivaten liegt ein Hebel zugrunde, der ebenfalls ein wichtiger Teil der Funktionsweise ist.

Das bedeutet, dass sowohl Kurssteigerungen als auch ein Kursrückgang beim Basiswert nicht nur 1:1 durch das Derivat nachvollzogen wird, sondern um ein Vielfaches. Ein Hebel von 5:1 zum Beispiel bedeutet, dass der Preis des Derivates um das Fünffache fällt oder steigt, wenn der Kurs des Basiswertes sich verändert. Bewegt sich beispielsweise der Kurs einer Aktie um vier Prozent, würde der Preis des Derivates sich bei einem Hebel von 5:1 um 20 Prozent verändern. Zur Funktionsweise der Derivate gehört ebenfalls, dass diese – bis auf wenige Ausnahmen – eine feste Laufzeit haben. Je nach Derivate-Art bewegen sich die Laufzeiten in der Regel zwischen 6 und 36 Monaten.

Wie lassen sich Derivate handeln?

Wie und wo Derivate zu handeln sind, hängt in erster Linie davon ab, um welche Form der abgeleiteten Finanzprodukte es sich handelt. Zertifikate zum Beispiel können an der Wertpapierbörse gehandelt werden, während Derivate wie Optionen und Futures an den Terminbörsen zu kaufen oder verkaufen sind. Wiederum andere Varianten, nämlich CFDs, können nur über entsprechende Broker gehandelt werden, die sogenannten CFD-Broker.

Neben Futures und Optionen können die meisten anderen Derivate auch im außerbörslichen Handel gekauft oder verkauft werden. Der sogenannte OTC-Handel wird auch als Direkthandel bezeichnet und beinhaltet, dass die Abwicklung direkt zwischen zwei Kontrahenten stattfindet und keine Börse eingeschaltet wird. Das wiederum hat durchaus einen Vorteil, nämlich dass die in der Regel an Börsen übliche Maklercourtage entfällt. Um zu handeln, müssen Sie lediglich den entsprechenden Auftrag Ihrer Bank oder dem Broker erteilen. Der Finanzdienstleister wird Ihre Order dann an die entsprechende Börse weiterleiten oder im Bereich des OTC-Handels dafür sorgen, dass der Auftrag ausgeführt wird.

Welche Derivate Arten gibt es?

Wie eingangs bereits erwähnt, handelt es sich beim Begriff Derivat um eine Bezeichnung für mehrere Finanzprodukte, welche in diese Gruppe fallen. Dazu gehören in erster Linie:

  • Optionen
  • Differenzkontrakte (CFDs)
  • Futures (Terminkontrakte)
  • Swaps
  • Zertifikate

An dieser Stelle möchten wir etwas näher auf die einzelnen Derivate Arten eingehen, da es bezüglich Chancen, Risiken und der Abwicklung durchaus einige Unterschiede geben kann.

Optionen

Bei einer Option handelt es sich aus Sicht des Inhabers, also aus Ihrer Sicht als Anleger, um ein Recht. Dieses besagt, dass Sie den Basiswert zu einem festgelegten Preis entweder erwerben oder verkaufen dürfen. Da der Kauf zukünftig erfolgt, fallen Optionen in den Bereich der Termingeschäfte. Es gibt zwei grundlegend unterschiedliche Varianten, nämlich Call- und Put-Optionen. Bei einer Call-Option entscheiden Sie sich dafür, den Basiswert eventuell zukünftig zu kaufen, während Sie bei einer Put-Option verkaufen dürfen.

Differenzkontrakte

Die neuesten Derivate Art am Markt sind die Differenzkontrakte, auch als Contract For DIfference oder kurz CFDs bezeichnet. Gehandelt werden die CFDs ausschließlich über CFD-Broker, sodass es sich faktisch um eine Wette gegen den Broker selbst handelt. Wie bei Optionen, so müssen Sie sich auch bei Differenzkontrakten entscheiden, ob Sie auf fallende oder steigende Kurse des Basiswertes spekulieren möchten. Ein Unterschied zwischen CFDs und Optionen besteht unter anderem darin, dass die Differenzkontrakte oftmals keine Laufzeitbegrenzung haben. Für ein langfristiges Investment sind sie dennoch aufgrund ihres spekulativen Charakters nicht oder nur in seltenen Fällen geeignet.

Futures

Futures sind Terminkontrakte, die vom Grundsatz her nicht genauso, aber sehr ähnlich wie Optionen funktionieren. Der wesentliche Unterschied ist allerdings, dass Sie nach dem Erwerb eines Futures nicht nur das Recht haben, später den Basiswert zu kaufen oder zu verkaufen. Stattdessen gehen Sie mit dem Erwerb des Futures auch die Verpflichtung ein, den Basiswert zu liefern oder entgegenzunehmen. In der Praxis findet jedoch selten eine Auslieferung statt, weil die entsprechenden Futures vor dem Ausführungstermin wieder veräußert werden.

Swaps

Swap ist die Bezeichnung für ein Tauschgeschäft, welches ebenfalls in den Bereich der Derivate fällt. Dabei wird ein Vertrag zwischen zwei Parteien geschlossen, der beinhaltet, dass Zahlungsströme über einen bestimmten Zeitraum hinweg ausgetauscht werden. Dabei kann es sich zum Beispiel um Zinssätze handeln, sodass die sogenannten Zinsswaps besonders häufig am Markt anzutreffen sind. Swaps haben wie andere Derivate ebenfalls zum Inhalt, dass die Inhaber entweder auf fallende oder steigende Preise bzw. Kurse spekulieren.

Zertifikate

Zertifikate fallen nur teilweise in die Gruppe der Derivate, denn es kommt darauf an, um welche Zertifikateart es sich handelt. Grundsätzlich sind Zertifikate Schuldverschreibungen und verbriefen demzufolge ein Gläubigerrecht. Ausgegeben werden Sie in aller Regel von Kreditinstituten. Im Gegensatz zu Optionen oder Futures existiert bei Zertifikaten also ein Emittent, sodass es demzufolge ein Emittentenrisiko gibt. Gemeinsam mit anderen Derivaten haben Zertifikate vor allem, dass es zum einen den Basiswert gibt und Anleger zum anderen sowohl auf fallende als auch auf steigende Kurse dieses Basiswertes spekulieren können. Die Zertifikatearten, die im Grunde ohne Einschränkung zu den Derivaten gehören, sind Hebel- und Knock-out Zertifikate.

An welche Anleger richten sich Derivate?

Zunächst möchten wir kurz aufzeigen, für welche Anleger Derivate in aller Regel nicht geeignet sind. Das sind in erster Linie folgende Personen und Situationen:

  • Sparer
  • Regelmäßiger Vermögensaufbau
  • Aufbau privater Altersvorsorge
  • Mittel- oder langfristige Kapitalanlage
  • Sicheres Investment

Aufgrund ihres hochspekulativen Charakters richten sich Derivate stattdessen an zwei große Gruppen von Kunden. In die eine Gruppe fallen sämtliche Spekulanten, die auf Kosten eines hohen Risikos mit den Derivaten in möglichst kurzer Zeit hohe Gewinne generieren wollen. Die Spekulanten erhoffen sich durch Derivate wie Optionen oder Futures, dass der Kurs des Basiswertes möglichst in die richtige Richtung geht und das zudem innerhalb eines möglichst kurzen Zeitraums geschieht. Durch den Hebel können die entsprechenden Gewinne überproportional hoch sein. Allerdings müssen sich die Spekulanten darüber im Klaren sein, dass mit der Anlage in Derivate auch ein Totalverlustrisiko verbunden sein kann.

Die zweite Gruppe, an die sich Derivate ebenfalls richten, sind teilweise durchaus mittel- oder langfristig orientierte Anleger. Diese nutzen Derivate wie Optionen oder Futures allerdings nicht zur Spekulation, sondern stattdessen zur Risikoabsicherung. Sinnvoll ist der Einsatz der Derivate zum Beispiel dann, wenn bereits im Bestand befindliche Aktienpositionen gegen sinkende Kurse abgesichert werden sollen. In dem Fall würden Anleger zum Beispiel Put-Optionen erwerben, denn dann würde der Gewinn bei fallenden Kursen im besten Fall den Verlust der Aktienposition kompensieren können.

Was die Chancen und Risiken der Derivate?

Bevor Sie sich für Derivate entscheiden, sollten Sie sich über die Chancen und Risiken informieren. Die Chance besteht bei allen Derivatearten darin, dass Sie – mit einem vergleichsweise geringem Kapitaleinsatz – innerhalb eines teilweise relativ kurzen Zeitraums überproportional hohe Gewinne erzielen können. Das ist vor allem mit solchen Derivaten möglich, die einen Hebel haben. Dazu zählen insbesondere Futures, Optionen und CFDs.

Gegenüber den Chancen gibt es bei Derivaten allerdings mehrere Nachteile und Risiken. Ein Risiko ist die nicht immer hohe Transparenz bei den Kosten, denn mitunter sind diese nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Ein typischer Kostenfaktor bei vielen Derivaten ist der sogenannte Spread, nämlich die Differenz zwischen dem An- und Verkaufspreis. Das größte Risiko besteht bei Derivaten darin, dass Anleger ihr gesamtes Kapital verlieren können. Dies wird auch als Totalverlustrisiko bezeichnet. Immerhin ist es mittlerweile in der EU zumindest verboten, dass der Kapitalverlust über den Einsatz hinausgehen kann. Früher war es bei manchen Derivaten nämlich üblich, dass eine Nachschusspflicht bestand und Anleger somit sogar zusätzliches Kapital verlieren konnten.

Ein weiteres Risiko bei Derivaten ist das Emittentenrisiko. Dies trifft insbesondere auf Zertifikate zu, nicht jedoch auf Optionen und Futures. Ein anderes Risiko besteht in sogenannten Roll-Verlusten. Diese können insbesondere bei Terminkontrakten auftreten, wenn nämlich ein bisheriger Kontrakt gegen einen neuen eingetauscht wird. Dieser Tausch wird auch als „Rollen“ bezeichnet und kann für den Inhaber zusätzliche Gebühren bedeuten. Prinzipiell können auch die Konditionen zu den Nachteilen der Derivate gezählt werden. Der Grund ist, dass diese insbesondere bei komplexen Finanzprodukten wie Optionen und Futures gerade für Anfänger häufig undurchsichtig sind. So wissen zum Beispiel Einsteiger meistens nicht, dass gerade bei Optionen der Zeitwert eine Rolle spielt, aber auch verschiedene Kennzahlen von Bedeutung sind.

Darf ich einfach über meine Bank Derivate handeln?

Da es sich bei Derivaten um hochspekulative Finanzinstrumente handelt, dürfen Anleger diese nicht einfach „automatisch“ nach der Depoteröffnung handeln. Stattdessen muss seitens der Bank oder dem Broker zuvor eine Aufklärung über die Risiken erfolgen, was in der Regel auch unter dem Begriff der anlagegerechten Beratung zusammengefasst wird. Anders ausgedrückt brauchen Sie seitens der Bank oder des Brokers eine einmalige Erlaubnis, dass zum Beispiel Optionen, Futures oder auch andere Terminkontrakte gehandelt werden dürfen.

Fazit zu Derivaten

Unter dem Begriff der Derivate werden verschiedene Finanzinstrumente zusammengefasst, die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass Sie sich auf einen Basiswert beziehen und hochspekulativ sind. Beliebt sind Derivate vor allem aufgrund der Chancen auf hohe Gewinne und der Möglichkeit, andere Positionen abzusichern. Geeignet sind Optionen, Futures, CFDs und Zertifikate allerdings nur für spekulativ eingestellte Trader und nicht etwa für langfristig orientierte Anleger oder Sparer, die sukzessive ein Vermögen aufbauen möchten.