Suezkanal-Blockade: Ägypten verlangt 900 Millionen Dollar Entschädigung

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Warten Sie gerade auf eine Lieferung, die einfach nicht eintrifft? Möglicherweise steckt sie im Suezkanal fest – auf dem Frachtschiff „Ever Given“.

Der 400 Meter lange Gigant war Ende März zum wohl berühmtesten Schiff dieser Tage geworden, als er knapp eine Woche lang in Querlage den Suezkanal in beiden Richtungen blockierte. Die Seehandelsroute verbindet Asien und Europa und zählt als eine der wichtigsten Schifffahrtsstraßen der Welt. Tagtäglich passieren normalerweise mehr als 50 Schiffe den Kanal in Ägypten, um die zeitaufwendige und kostenintensive Umschiffung des afrikanischen Kontinents zu umgehen. So auch die „Ever Given“, die auf dem Weg nach Rotterdam in einen Sandsturm geriet, auf Grund lief und tagelang feststeckte.

Gigantischer Rückstau – und doch Glück im Unglück

Mehr als 400 Schiffe stauten sich daraufhin an beiden Enden des Suezkanals und warteten auf ihre Weiterfahrt. Dass die Freilegung des Frachters nach knapp einer Woche gelang, darf dabei noch als Glück im Unglück gelten: Wäre dies nicht mit Hilfe der Flut in jener Nacht gelungen, wäre nach Einschätzung von Experten eine Teilentladung unumgänglich gewesen. Dies hätte einen erheblichen logistischen, finanziellen und auch zeitlichen Aufwand erfordert und die Kosten noch deutlich mehr in die Höhe getrieben.

Doch auch die 6 Tage währende Blockade reichte aus, um einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden anzurichten. Der Versicherungskonzern Allianz schätzt die weltweiten Kosten auf 6 bis 10 Milliarden US-Dollar. Zahlreiche Lieferketten wurden kurzfristig unterbrochen, was insbesondere für „just in time“ produzierende Unternehmen zum Problem wurde – zumal es auch nach der Blockade noch etliche Tage dauerte, um den Rückstau aufzulösen. Noch immer haben nicht alle Schiffe, die von der Blockade betroffen waren, ihre Zielhäfen erreicht, und auch dort drohen neue Verzögerungen, da erheblich mehr Schiffe als normalerweise gleichzeitig eintreffen.

Ägypten fordert Schadenersatz

Für Ägypten ist der Suezkanal eine ertragreiche Einnahmequelle. Die Kanalbehörde beziffert die entgangenen Einnahmen auf 12 bis 15 Millionen Dollar – pro Tag. Neben entgangenen Kanalgebühren fielen zudem Kosten an, nicht zuletzt für die Bergungsaktionen. Insgesamt 900 Millionen Dollar an Entschädigung fordert Ägypten daher nun von der Reederei.

Zur Absicherung dieser Forderungen wurde das Containerschiff bis auf Weiteres beschlagnahmt – so lange, bis die Summe beglichen sei, hieß es von Seiten der Behörden. Tausende Container mit Frachtgut stecken also nach wie vor in Ägypten fest.

Verwundbare Handelsrouten

Der Zwischenfall hat einmal mehr deutlich gemacht, wie verwundbar globale Handels- und Lieferketten sind, insbesondere bei der Passage von Engstellen und Abkürzungsrouten wie dem Suez- oder auch dem Panamakanal.

Mittelfristig könnte daher eine ganz neue Route für den Handel zwischen Asien und Europa eine größere Rolle spielen: der Weg über die Arktis. Durch die klimatischen Veränderungen ist die Route immer häufiger eisfrei und passierbar – und sie wäre noch kürzer, als von China, Japan oder Südkorea aus erst Indien zu passieren und anschließend den Suezkanal zu durchfahren.