Ökonom: Flüchtlingswelle soll Demografie-Wandel entschärfen

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Der Ökonom Dr. Andreas Rees von der UniCredit Bank sieht Vorteile durch die Zuwanderung überwiegend junger und geburtenstärkerer Migranten, weil eine jüngere Bevölkerung mehr Güter nachfragt und bisher nicht besetzbare Arbeitsplätze besetzt werden können. Auch die derzeit 120.000 offenen Lehrstellen könnten dann größtenteils vergeben werden. Wenn in einigen Jahren nur 50 Prozent der Migranten einen Arbeitsplatz bekommen, was in etwa den schwedischen Erfahrungen entspricht, dann rechnet Rees mit einem kumulierten Wachstumsbeitrag von +1,7% bis zum Jahr 2020. Oder anders gesagt: das deutsche Wirtschaftswachstum soll bis zum Jahr 2020 um 1,7% höher ausfallen als heute (das wären dann also 3,5% ausgehend vom jetzigen Stand).

Grundvoraussetzung für den genannten positiven Langfrist-Effekt ist jedoch die erfolgreiche Integration der Migranten in den deutschen Arbeitsmarkt. Dazu müssten Beschränkungen der Asylbewerber beim Zugang zum Arbeitsmarkt beseitigt werden (etwa die höchst bürokratische Vorrangprüfung von EU-Arbeitnehmern) und zusätzliche Gelder für Sprachkurse bereitgestellt werden. Die Bildungskapazitäten sieht der Ökonom durchaus vorhanden. Derzeit seien allein 11.000 Lehrer arbeitslos. Zwar seien nicht alle Deutschlehrer, aber dies ließe sich auf dem Wege einer Fortbildung zügig beheben.

Rees sieht den Flüchtlingszustrom zwar nicht als Universalheilmittel gegen die demografischen Probleme in Deutschland. Gleichwohl könnte die Masseneinwanderung die Folgen der Überalterung der deutschen Gesellschaft abmildern, wenn in den Jahren 2025 bis 2035 die Babyboomer in Rente gingen.

Die Frage ist natürlich, ob der bloße Austausch „alter Deutscher” aus ökonomischen Gründen gegen junge Migranten nicht mehr neue Probleme schafft als alte löst. Probleme mit Parallelgesellschaften, „no-go-Areas” in vielen deutschen Großstädten, explodierenden Sozialkosten als Folge von massenweiser Nicht-Integration etc. kennen wir ja bereits aus vergangenen Jahrzehnten.

Wie auch immer: der demografische Wandel wird sozialer Sprengstoff werden. Einwanderung kann die Folgen mindern. Aber nur langfristig und auch nur dann, wenn sie richtig gesteuert wird. Ungesteuert (wie aktuell) verschlimmert sie bestehende Probleme weiter. In meinem morgigen Beitrag schauen wir uns an, ob wir mit der aktuellen Einwanderungswelle da auf dem richtigen Weg sind.

Herzliche Grüße,

Ihr Henrik Voigt.

Chefanalyst DAX PROFITS  / VOIGT-Brief