EU-Handelsdefizit mit USA steigt – eskaliert nun der Zollstreit?

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Das altbekannte Bild hat sich einmal mehr bestätigt: Die Staaten der Europäischen Union exportieren deutlich mehr Waren in die USA als sie von dort importieren – und das sogar in steigendem Ausmaß.

In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres kletterte das Handelsdefizit nach Angaben des Europäischen Statistikamtes Eurostat auf rund 115 Milliarden Euro und lag damit etwa 13 Prozent höher als noch im Vorjahreszeitraum.

Trumps rigoroser Kampf gegen Handelsdefizite

Europas Exportindustrie brummt, davon profitiert insbesondere auch der Wirtschaftsstandort Deutschland als Exportweltmeister. Für Ärger dürften die neuen Zahlen hingegen im Weißen Haus sorgen: Seit seinem Amtsantritt hat US-Präsident Donald Trump immer wieder die bestehenden Handelsdefizite beklagt und deren Bekämpfung als ein Kernziel seiner Wirtschaftspolitik definiert.

Das prominenteste Beispiel diesbezüglich ist der Handelskonflikt mit China. Beide Länder überziehen sich seit Längerem gegenseitig mit Strafzöllen, was die wechselseitigen Handelsbeziehungen enorm belastet und sich zunehmend auch auf die globale Konjunkturentwicklung auswirkt.

Unterhändler aus Washington und Peking verhandeln bereits seit geraumer Zeit über mögliche Lösungsansätze, doch auch wenn immer wieder vage von Fortschritten in den Gesprächen die Rede ist, gibt es bislang keinen Durchbruch zu verzeichnen.

Drohen nun doch die Autozölle?

Zittern muss nun auch die deutsche Automobilindustrie: Gerade ihre Exportstärke ist Trump ein Dorn im Auge. So fahren zwar etliche Fabrikate deutscher Hersteller auf Straßen in den USA, umgekehrt aber vergleichsweise wenige US-Autos in Europa. Bereits mehrfach hat Trump daher explizit Strafzölle auf deutsche Automobilexporte in die Vereinigten Staaten ins Gespräch gebracht.

Vergangene Woche war diesbezüglich eine Entscheidung erwartet worden, doch der US-Präsident wollte sich erneut nicht festlegen. Die Zölle wurden weder auf den Weg gebracht noch vom Tisch genommen, die Drohung hängt somit weiter im Raum.

Vor rund einem Jahr hatte sich eine hochrangige Delegation deutscher Autobauer eigens auf den Weg nach Washington gemacht, um den Präsidenten mit einer Investitionsoffensive von seinen Zollvorhaben abzubringen. Sie versprachen die Errichtung neuer Produktionsstätten in den USA und damit verbunden die Schaffung tausender zusätzlicher Arbeitsplätze.

Europa auf der Abschussliste?

Besänftigen konnte das den Präsidenten jedoch offenbar nicht. Sein Zögern in der Ausweitung der Strafzölle auf weitere Handelspartner sehen einige Beobachter darin begründet, dass er die Belastungen für die eigene Wirtschaft nicht noch weiter ausdehnen will, solange der Konflikt mit China nicht gelöst ist.

Das bedeutet jedoch im Umkehrschluss: Sobald sich zwischen Washington und Peking eine tragfähige Lösung abzeichnet, könnte es eng werden für Europa oder auch Japan. Sie könnten das nächste Ziel der trumpschen Strafzollpolitik werden.

Gerade für Europa wäre das extrem schädlich, denn im Gegensatz zu China sind die hiesigen Wachstumsquoten zuletzt eher mau. Für seine Verhältnisse hat zwar auch das Reich der Mitte seit einigen Jahren mit einem geringeren Wirtschaftswachstum zu kämpfen, dieses liegt jedoch nach wie vor deutlich über dem EU-Schnitt.

Würde Trump seine Strafzölle auf EU-Importe derart ausweiten, wie er es China gegenüber in den vergangenen Jahren getan hat, könnte das die hiesige Konjunktur abwürgen und wäre in jedem Fall eine zusätzliche unwägbare Belastung in ohnehin unsicheren Zeiten, Stichwort Brexit.