Wirecard pleite – Aktie fliegt aus dem Dax

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Auf einmal geht alles ganz schnell: Der Bezahldienstleister Wirecard hat am Vormittag bekanntgegeben, Insolvenz beantragen zu wollen. Der Handel mit der Wirecard Aktie wurde an der Frankfurter Börse daraufhin vorerst ausgesetzt.

Vorausgegangen war ein beispielloser Absturz des im Dax gelisteten Papiers, das im Herbst 2018 in die erste Börsenliga aufgerückt war und die Commerzbank Aktie abgelöst hatte. Noch in der vergangenen Woche war die Wirecard Aktie zu mehr als 100 Euro gehandelt worden, inzwischen ist der Anteilsschein nicht einmal mehr 3 Euro wert.

Nicht existente Milliardensummen lösen Riesenskandal aus

Die Hintergründe sind in den letzten Tagen großflächig öffentlich diskutiert worden. Konkret verweigerten die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young (EY) heute vor einer Woche die Freigabe der Jahresbilanz für das Geschäftsjahr 2019, nachdem die Präsentation des Zahlenwerks bereits mehrfach verschoben worden war.

Beanstandet wurde in erster Linie, dass eine Summe von 1,9 Milliarden Euro – einem Viertel des Gesamtvolumens der Jahresbilanz – nicht auffindbar war und womöglich nie existiert hat. Anschließend überschlugen sich die Ereignisse.

Ex-Wirecard-Chef Braun wieder auf freiem Fuß

Durch die nicht vorliegende Jahresbilanz hatten Geldgeber wie etwa Banken die Möglichkeit, Kreditlinien in einer Gesamthöhe von rund 2 Milliarden Euro kurzfristig aufzukündigen, die Frist hierfür lief am vergangenen Freitag ab. Allerdings hielten die Investoren vorerst die Füße still – zu groß erschien das Risiko eines Totalausfalls, wenn man Wirecard von heute auf morgen die Liquidität entzieht.

Ex-Wirecard-Chef Markus Braun war zwischenzeitlich per Haftbefehl gesucht worden und hatte sich kurz darauf gestellt, inzwischen ist er gegen Zahlung einer Kaution in Millionenhöhe wieder auf freiem Fuß.

Wirecard kündigt Insolvenzantrag an

Am Donnerstag nun zog das Unternehmen die Reißleine und ergriff die Flucht nach vorn mit der Ankündigung des Insolvenzantrags. Damit ist auch das Schicksal der Aktie besiegelt, deren Gastspiel im Dax wohl in Kürze enden wird. Aufgrund von Fristen und Regularien könnte es allerdings noch bis September dauern, bis es tatsächlich soweit ist.

Für die vielen Kleinanleger, die die Wirecard Aktie im Portfolio hatten, ist der finanzielle Schaden erheblich. Totalverlust innerhalb weniger Tage – und das bei einem Unternehmen, das noch bis vor kurzem als gesund bezeichnet wurde und für das es Kaufempfehlungen renommierter Analysten gab.

Wirecard Aktie: Schock für Anleger sitzt tief

Dass aus der Insolvenzmasse allzu hohe Mittel für Entschädigungszahlungen übrig bleiben, erscheint eher unwahrscheinlich. Dementsprechend groß ist der Frust bei privaten wie auch institutionellen Investoren.

Es dürfte Jahre dauern, bis der Bilanzskandal juristisch aufgearbeitet und geklärt ist. Dass ein Dax-Konzern von einem solchen Skandal betroffen ist, der auf eine vielversprechende Zukunftstechnologie, nämlich das Abwickeln von Zahlungsvorgängen insbesondere im Onlinebereich, als Kerngeschäft gesetzt hatte, könnte Anleger nachhaltig schockieren. Erste Assoziationen erinnern bereits an die geplatzte Dotcom-Blase oder das Debakel um die T-Aktie um die Jahrtausendwende.