Gas-Boom in Europa: Dieses Projekt müssen Sie kennen!

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Mit einer Fläche von 7.500 Quadratkilometern ist „Neptun Deep“ eines der größten Gasvorkommen in der EU. Es befindet sich vor der Küste Rumäniens im Schwarzen Meer in einer Tiefe zwischen 100 und 1.000 Metern. Etwa 100 Milliarden Kubikmeter Erdgas soll „Neptun Deep“ vorweisen.

OMV gibt grünes Licht für „Neptun Deep“

Wie Sie vielleicht schon mitbekommen haben, gab es nun einen wichtigen Meilenstein rund um das ambitionierte Projekt. Im Mittelpunkt stehen der österreichische Öl- und Gasgigant OMV und dessen rumänische Tochter OMV Petrom. Wie die Unternehmen kürzlich bekannt gaben, haben sie nun grünes Licht für „Neptun Deep“ gegeben.

Konkret heißt das: OMV Petrom hat seine finale Investitionsentscheidung für die beiden Erdgasfelder „Domino“ und „Pelican South“ getätigt, die sich im Offshore-Block „Neptun Deep“ befinden. Petrom wird das Projekt demnach im Rahmen eines 50/50-Joint-Ventures mit dem rumänischen Erdgaskonzern Romgaz betreiben. Zusammen wollen die Partner bis zu 4 Milliarden Euro in die Erschließungsphase investieren. Bisher sind laut OMV mehr als 1,5 Milliarden Euro in die Exploration und Bewertung des Projekts geflossen.

Die Produktion soll indes im Jahr 2027 anlaufen und pro Jahr rund 8 Milliarden Kubikmeter an Erdgas hervorbringen – über einen Zeitraum von knapp zehn Jahren. Die Herstellungskosten werden für die gesamte Lebensdauer des Projekts auf rund 3 US-Dollar pro Barrel Öläquivalent (rund 6.000 Kubikfuß Erdgas) geschätzt.

Strenge Regularien: Bukarest hatte ExxonMobil vertrieben

Von einem einfachen Unterfangen kann bei „Neptun Deep“ aber nicht die Rede sein. Bereits 2008 waren die Explorationsarbeiten im Schwarzen Meer angelaufen. 2012 gab es dann die ersten Erdgasfunde. Doch das Projekt wurde politisch zunächst erheblich ausgebremst. So hatte die Regierung in Bukarest ein Offshore-Gesetz auferlegt, um den beteiligten Unternehmen eine Sondersteuer aufzubürden und diese zu verpflichten, zumindest die Hälfte des gewonnenen Gases für den Export auszuschließen.

Daraufhin sprang der US-Gigant ExxonMobil als Projektpartner ab. Der rumänische Gaskonzern Romgaz übernahm in der Folge dessen Hälfte an „Neptun Deep“ für mehr als eine Milliarde Dollar.

Neuen Schwung bekam das Erdgasvorhaben schließlich durch den Ukraine-Krieg und die dadurch bedingte Energiekrise. Rumänien will mit „Neptun Deep“ zum größten Erdgasförderer der EU aufsteigen, auch um Russland als Lieferanten zu ersetzen. Um die verbliebenen privatwirtschaftlichen Akteure bei der Stange zu halten, senkte das rumänische Parlament im letzten Jahr die Steuern wieder und entschärfte die Bedingungen für das Vorkaufsrecht des rumänischen Staats.

Greenpeace läuft Sturm

Die Kritik jedoch ist nicht verstummt. Greenpeace etwa monierte nach der nun getätigten Investitionsentscheidung vonseiten der OMV, dass der österreichische Konzern inmitten der eskalierenden Klimakrise Milliardensummen in ein „fossiles Verbrechen“ investiere, das mindestens so viele Treibhausgase emittiere wie ganz Österreich in zweieinhalb Jahren. Auch würde das Projekt die Artenvielfalt im Schwarzen Meer beeinträchtigen. OMV solle sich lieber auf einen „klimaneutralen und kreislaufwirtschaftlichen Kurs“ bringen, hieß es weiter von Greenpeace Österreich.

OMV wiederum sieht im Erdgas eine wichtige Brückentechnologie beim Übergang hin zu den Erneuerbaren Energien. Ohnehin forcieren die Österreicher nach eigenen Angaben Milliardeninvestitionen auch in ökologische Technologien.

Mein Fazit für Sie

Der Ukraine-Krieg und die ausbleibenden Gaslieferungen vonseiten Russlands etwa nach Deutschland haben eindrucksvoll gezeigt, wie abhängig die großen Volkswirtschaften der EU immer noch von Erdgas sind. Entsprechend ist das „Neptun Deep“-Projekt meiner Meinung nach ein notwendiges Übel, um Europas Energieversorgung auf stabilere Füße zu stellen.

Auch nach der Investitionsentscheidung der OMV ist das Projekt übrigens noch nicht gänzlich unter Dach und Fach. So muss die rumänische Behörde für Bodenschätze das Vorhaben noch durchwinken. Experten erwarten hier aber kaum Widerstände, einfach weil „Neptun Deep“ für Rumäniens Wirtschaft gerade wegen des Konflikts mit Russland so attraktiv ist.

Es bleibt abzuwarten, was für OMV am Ende dabei hängenbleibt. Der österreichische Konzern ist an seiner Tochter Petrom mit 51 Prozent beteiligt. Petrom wiederum teilt sich das Projekt wie erwähnt zur Hälfte mit Romgaz. Zudem müssen die Österreicher Milliarden in das Projekt investieren, das erst in vier Jahren Erdgas hervorbringen wird.

An der Börse reichte es deshalb zunächst nicht für eine neue Fantasie, wie Sie im Chart zur OMV-Aktie sehen können (Stand: 22.06.2023, 9:30 Uhr):

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Quelle: www.aktienscreener.com

Der kleine gelbe Pfeil rechts unten im Bild markiert die Abwärtsreaktion des Kapitalmarkts auf die Investitionsentscheidung der OMV vom 21. Juni.

Die Aktie steht seit Herbst 2022 unter Druck. Zuletzt hatte OMV einen deutlichen Rückgang sowohl des Umsatzes als auch des Gewinns einräumen müssen – wegen der wieder gefallenen Preise für Erdgas und Erdöl.

Zudem machen den Österreichern milliardenschwere Abschreibungen auf das Russland-Geschäft zu schaffen. OMV war ein enger Partner des mittlerweile in Ungnade gefallenen russischen Mega-Konzerns Gazprom und unter anderem an der inzwischen beschädigten Pipeline Nord Stream 2 finanziell beteiligt.

Ruft man sich die eher pessimistischen Konjunkturerwarten für Europa ins Gedächtnis, dürften die Preise für die fossilen Rohstoffe erst einmal unter Druck bleiben. Für OMV ist das Marktumfeld aktuell also nicht gerade rosig.